Zeitzeugengespräch an der KGS Moringen mit der 81 Jahre alten Rozette Kats

von: Timon Schulz (Jg. 12)

Am Freitag den 16. Juni hatten einige Schüler der KGS Moringen das Glück, ein Zeitzeugengespräch mit der 81 Jahre alten Rozette Kats zu haben. Sie hat uns über ihr Leben als gesuchte und gejagte Jüdin berichtet.

Rozette Kats wuchs in einem behüteten Elternhaus auf. An ihrem 6. Geburtstag erfährt sie, dass ihre leiblichen jüdischen Eltern während des Holocausts deportiert und getötet wurden. Rozette wurde weggegeben, um sie vor der Deportation zu schützen. Diese Enthüllung verändert ihr ganzes Leben, und sie verspürt eine Identitätskrise.

Sie entwickelt Ängste und Unsicherheiten, versucht Konflikte zu vermeiden und steckt ihre Schwierigkeiten in einen „schwarzen Eimer“. Ihr Onkel, der älteste Bruder ihrer Mutter, taucht auf und wird ihr Vormund. Mit zwölf Jahren wagt sie es, ihn nach ihren leiblichen Eltern zu fragen, erhält jedoch keine klare Antwort. An ihrem 18. Geburtstag erhält sie Schmuck ihrer verstorbenen Eltern, fühlt sich aber fremd und verstört.

Jahre später zeigt ihr Onkel ihr ein Hochzeitsfoto ihrer Eltern und gibt ihr Einblick in ihre Familiengeschichte. Die Tasche, die das Fotoalbum enthält, weckt ihre Neugierde, aber als sie herausfindet, dass die Tasche verloren ist, bricht sie zusammen und sucht eine Therapie. Bei einer Konferenz über die Erfahrungen verfolgter jüdischer Kinder während des Nationalsozialismus erkennt sie, dass sie mit ihren Ängsten nicht allein ist.

Sie beschäftigt sich intensiv mit ihrer Geschichte und dem Judentum, bereist Orte der Judenverfolgung und -vernichtung und findet schließlich die gesuchte Tasche. Zusammen mit ihrer Familie öffnet sie die Tasche und stellt sich ihrer Geschichte. Nach dem Tod ihrer Pflegeeltern setzt sie sich dafür ein, dass diese als Helfer in Yad Vashem geehrt werden.

Schließlich nennt ihre Pflegemutter sie kurz vor ihrem Tod 2001 erstmals Rozette statt Rita, was für Rozette ein bedeutender Moment der Heilung ist. Sie erkennt, dass ihre Pflegeeltern ihr die Geschichte vor ihrem 6. Geburtstag erzählt haben, weil sie sie liebten, genauso wie ihre leiblichen Eltern sie liebten und durch die Weitergabe an Pflegeeltern ihr Leben gerettet wurde.

 

Ich bin sehr dankbar dafür dass mir noch die Möglichkeit geboten wurde mit einem Zeitzeugen sprechen zu dürfen, auch wenn es nur digital war, denn diese Möglichkeit werden wir bald leider nicht mehr haben.

Es war auch für mich eine total neue Erfahrung all diese Ereignisse nicht nur nachzulesen, sondern von einer Person erläutert zu bekommen, die all das tatsächlich miterlebt hat. Mir hat dieses Gespräch sehr geholfen, da ich jetzt ein viel besseres Verständnis für die gesamte Situation und vor allem für die Opfer bekommen habe.